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Grundsatzprogramm der Referendariatskommission

Grundlagen zur Verbesserung des juristischen Vorbereitungsdienstes und der zweiten juristischen Staatsprüfung

Letzte Änderung: 08. Mai 2025

Die bildungspolitische Ausrichtung der RefKo

Verständnis des juristischen Vorbereitungsdienstes

Ziel des juristischen Vorbereitungsdienstes ist die Befähigung der Rechtsreferendar:innen zur Ausübung praktischer juristischer Tätigkeiten, zur Übernahme von Verantwortung in der Rechtspflege sowie in einer rechtsstaatlichen Gesellschaft. Grundlage des juristischen Vorbereitungsdienstes ist dabei die Annahme, dass die Rechtsreferendar:innen durch das vorherige Hochschulstudium bereits umfangreiche theoretische Kenntnisse erworben und im Rahmen der ersten juristischen Prüfung bewiesen haben. Der juristische Vorbereitungsdienst soll diesem Ausbildungsstand entsprechend konzipiert sein, sodass ein Umgang und eine Ausbildung auf Augenhöhe zwischen den Rechtsreferendar:innen, den Ausbilder:innen, Lehrenden sowie den Landesjustizprüfungsämtern ermöglicht und gelebt werden kann.

Die RefKo begreift den juristischen Vorbereitungsdienst als praktische Ausbildung und die zweite Staatsprüfung als Praxisprüfung. Den Rechtsreferendar:innen muss die Möglichkeit geboten werden, verschiedene juristische Tätigkeitsbereiche kennenzulernen und möglichst umfassend praktisch tätig zu sein. Dieser praktische Schwerpunkt muss sich auch in der zweiten Staatsprüfung widerspiegeln. Die derzeitige Ausgestaltung der zweiten Staatsprüfung wird diesem Anspruch nicht gerecht, weil sie die Realität der praktischen Arbeit nicht abbildet. Der Fokus der Prüfung muss eine an den realen Bedingungen der Rechtsarbeit orientierte Kompetenzprüfung sein, die weniger auf der Abfrage von materiell-rechtlichen Einzelproblemen, vergleichbar mit der ersten Pflichtfachprüfung, basiert. Die RefKo setzt sich daher zum Ziel, eine grundlegende Änderung der zweiten Staatsprüfung in ihrer heutigen Form zu erreichen.

Bis zu einer grundlegenden Strukturreform der zweiten Staatsprüfung strebt die RefKo an, die bestmöglichen Ausbildungs- und Prüfungsbedingungen im Rahmen der derzeitigen gesetzlichen Ausgestaltung des juristischen Vorbereitungsdienstes und der zweiten Staatsprüfung durchzusetzen.

Grundsatzprogramm

Das Grundsatzprogramm stellt die ausbildungspolitische Ausrichtung der Referendariatskommission (RefKo”) beim Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. (BRF”) dar. Es soll eine systematische Sammlung von Forderungen und Positionen der Rechtsreferendar:innen zu den Belangen des juristischen Vorbereitungsdienstes, der zweiten juristischen Staatsprüfung und der Rechtsreferendar:innen in den Ländern sowie an den Ausbildungsgerichten sein, die für die RefKo von grundlegender Bedeutung sind. Das Grundsatzprogramm ist die Arbeitsgrundlage für die gewählten Mitglieder und Referent:innen der RefKo.

Es dient zugleich als Wegweiser für den BRF in Belangen des juristischen Vorbereitungsdienstes und der zweiten Staatsprüfung. Gleichzeitig soll das Grundsatzprogramm als Diskussions- und Arbeitsgrundlage für Stakeholder:innen des juristischen Vorbereitungsdienstes und der zweiten Staatsprüfung bei deren zukünftiger Neugestaltung dienen. Die Ausarbeitung und Weiterführung des Grundsatzprogramms obliegen nach der Vereinssatzung des BRF und der Referendariatsordnung („RefO“) der Referendariatsversammlung („ReV“) in Zusammenarbeit mit der RefKo. Antragsberechtigt sind die RefKo, die Personalvertretungen der Rechtsreferendar:innen, vergleichbare Interessenvertretungen, der BRF-Vorstand sowie Gruppen von fünf Rechtsreferendar:innen. Dadurch wird gewährleistet, dass die Positionen aller Rechtsreferendar:innen Gehör und gegebenenfalls ihren Weg in dieses Papier finden. Die RefKo ist berechtigt, mit Zweidrittelmehrheit redaktionelle Änderungen vorzunehmen. Die Inhalte werden auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundsatzprogramm des BRF überprüft.

Neben dem Grundsatzprogramm stehen die sogenannten Resolutionen. Diese enthalten Positionen und Erwägungsgründe für die Bewertung eines bestimmten Themas durch die RefKo. Zu Forderungen und Positionen des Grundsatzprogrammes kann die RefKo konkretisierende Resolutionen beschließen. Beschlüsse zur gremieninternen Organisation werden in einem gesonderten Beschlussbuch festgehalten.

I. Partizipation

§ 1 Personalvertretungen

Es sind flächendeckend ständige Personalvertretungen der Rechtsreferendar:innen einzurichten, die gesetzlich mit Selbstbestimmungs- und Beteiligungsrechten ausgestattet sind.

§ 2 Beratungs- und Kontrollgremium der Konferenz der Justizminister:innen der Länder

(1) 1Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder muss ein weisungsunabhängiges, pluralistisch besetztes und sachverständiges ständiges Gremium einsetzen, welches die Organisation und Durchführung der juristischen Ausbildung, inklusive des juristischen Vorbereitungsdienstes, kontrolliert und in regelmäßigen Abständen den Justizminister:innen Empfehlungen für die juristische Ausbildung unterbreitet. 2Das Gremium muss insbesondere Vertreter:innen juristischer Fakultäten und Fachbereiche, der praktischen Berufe sowie Interessenvertretungen der Studierenden und Rechtsreferendar:innen als ständige Mitglieder umfassen. 3Die Empfehlungen des Gremiums sind öffentlich zu machen.

(2) 1Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder [sic!] muss ihre Entscheidungen und Entscheidungsfindungsprozesse transparent kommunizieren.  2Dies umfasst insbesondere, ihre Geschäftsordnung offenzulegen und Abwägungsgründe zu den Beschlüssen ausführlich darzulegen.

II. Bewerbung für den juristischen Vorbereitungsdienst

§ 3 Digitale Bewerbung

1Die Bewerbung für den juristischen Vorbereitungsdienst soll digital und gerichtsbezirks- und länderübergreifend nach dem Vorbild der Studienplatzvergabe über hochschulstart.de ermöglicht werden. 2Eine gleichzeitige Bewerbung in mehreren Ausbildungsbezirken und Ländern muss möglich sein. 3Die notwendigen Bewerbungsunterlagen sind länderübergreifend zu vereinheitlichen. 4Zur Bewerbung für den juristischen Vorbereitungsdienst ist ein digitales Einreichen der notwendigen Dokumente ausreichend. 5Ein Einreichen der Dokumente im Original oder in gedruckter Form darf allenfalls zur Annahme eines angebotenen Platzes im juristischen Vorbereitungsdienst gefordert werden.

§ 4 Platzvergabe

1Das System und die Kriterien zur Vergabe der Plätze im juristischen Vorbereitungsdienst ist diskriminierungsfrei, transparent und verständlich zu gestalten und berücksichtigt Härtefälle und bestehende Benachteiligungen angemessen. 2Die Wartezeit zur Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst ist auf ein Minimum zu reduzieren.

III. Ausbildung

§ 5 Informationszugang

1Alle relevanten Informationen zum juristischen Vorbereitungsdienst, insbesondere zur Organisation der Ausbildung, zu Lerninhalten und Finanzierung des Lebensunterhalts, müssen von den Ausbildungsbezirken übersichtlich gestaltet und leicht zugänglich gemacht werden. 2Jeder Ausbildungsbezirk soll pro Halbjahr mindestens eine Informationsveranstaltung zum juristischen Vorbereitungsdienst und der zweiten Staatsprüfung anbieten.

§ 6 Organisation des juristischen Vorbereitungsdienstes

(1) 1Aus Gründen der Chancengleichheit ist allen Rechtsreferendar:innen in gleicher Weise die Möglichkeit zu geben, Zuweisungswünsche bezüglich der konkreten Ausbildungsstätten der Zivil- und Strafstation zu stellen, welche zu berücksichtigen sind. 2Für die Strafstation sind ausreichend Ausbildungskapazitäten bei der Staatsanwaltschaft und den Strafgerichten vorzuhalten, sodass allen Rechtsreferendar:innen auf Wunsch die Zuweisung zur Staatsanwaltschaft oder einem Strafgericht ermöglicht werden kann. 3Die Verwaltungsstation sollte an einem Verwaltungsgericht abgeleistet werden dürfen.

(2) Die Regelungen zum Erholungsurlaub sind so auszugestalten, dass Rechtsreferendar:innen diesen bereits für Zeiträume in späteren Stationen beantragen und genehmigt bekommen können.

(3) 1Die Vereinbarkeit des juristischen Vorbereitungsdienstes mit dem Berufs- und Privatleben der Rechtsreferendar:innen soll verbessert werden. 2Insbesondere sind die Termine der Arbeitsgemeinschaften sowie der Probeklausuren möglichst frühzeitig mitzuteilen und einzuhalten.

§ 7 Angemessene Unterhaltsbeihilfe

(1) 1Es ist eine Unterhaltsbeihilfe oder gleichwertige Vergütung der Rechtsreferendar:innen sicherzustellen, die der Höhe nach geeignet ist, einen angemessenen Lebensunterhalt während des juristischen Vorbereitungsdienstes zu sichern. 2Bei der Bestimmung der Angemessenheit ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Rechtsreferendar:innen um Personen mit einem mindestens fünf Jahre dauernden und erfolgreich absolvierten Hochschulstudium handelt, die von den Ausbildungsstellen entsprechend dieser Fähigkeiten eingesetzt werden können. 3Die Unterhaltsbeihilfe sollte mindestens dem gesetzlichen Mindestlohn bei einer Vollzeittätigkeit entsprechen. 4Regionale Rahmenbedingungen, wie Mietspiegel und die Verkehrsanbindung des Ausbildungsortes, sowie die Inflation sind bei der Beurteilung der angemessenen Höhe zugunsten der Rechtsreferendar:innen zu berücksichtigen.

(2) 1Kürzungen der Unterhaltsbeihilfe oder gleichwertigen Vergütung sind nicht vorzunehmen. Insbesondere dürfen Zuverdienste nicht zu einer Kürzung der Leistungen führen. 2Eine Zuverdienstgrenze darf nicht bestehen. 3Es darf keine Beschränkung hinsichtlich der Stundenzahl für Nebentätigkeiten bestehen. 4Juristische und nicht-juristische Nebentätigkeiten dürfen nicht unterschiedlich behandelt werden. 5Die Zuverdienstmöglichkeiten bzw. die Erlaubnis zur Ausübung einer Nebentätigkeit dürfen nicht von der Note der ersten Prüfung oder anderen Voraussetzungen abhängig gemacht werden, sondern stehen allein in der Verantwortung des:der Rechtsreferendar:in.

(3) Neben der Unterhaltsbeihilfe oder gleichwertigen Vergütung sollen die Länder den Rechtsreferendar:innen ein Job-Ticket und einen vergünstigten Zugang zu Gesundheitsangeboten (z.B. Fitness- und Resilienztrainings) ermöglichen.

§ 8 Lerntage

1In jeder Ausbildungsstation ist den Rechtsreferendar:innen mindestens ein freier Lerntag pro Woche zu gewähren. 2Die Dienststellen wirken auf die einheitliche Umsetzung dieser Regelung bei den Ausbildungsstellen hin.

§ 9 Lehrveranstaltungen

(1) 1Es sind regelmäßige Lehrveranstaltungen anzubieten, die die Rechtsreferendar:innen sowohl auf die praktische Tätigkeit in der jeweiligen Station als auch auf die zweite Staatsprüfung angemessen vorbereiten. 2Diese Lehrveranstaltungen sollen insbesondere regelmäßige Fallbesprechungen sowie Besprechungen aktueller Rechtsprechung zu allen examensrelevanten Rechtsgebieten umfassen.

(2) Zur Vorbereitung auf die zweite Staatsprüfung wird zusätzlich zu den fortlaufenden Arbeitsgemeinschaften ein Crashkurs bzw. Repetitorium angeboten, welches aus einem Hauptkurs, einem Fallbesprechungskurs, einem Kurs zur aktuellen Rechtsprechung sowie einem Probeexamen besteht.

(3) Die Teilnahme an den Lehrveranstaltungen muss für alle Rechtsreferendar:innen sowohl in Präsenz als auch digital möglich sein, ohne dass es hierfür eines Antrags oder eines Grundes bedarf.

(4) 1Die Teilnahme an allen Lehrveranstaltungen durch die Rechtsreferendar:innen erfolgt freiwillig. 2Ein Fernbleiben von den Lehrveranstaltungen führt insbesondere nicht zu einer Kürzung der Unterhaltsbeihilfe oder vergleichbaren Vergütungen.

(5) 1Alle Lehrenden müssen rhetorisch und fachdidaktisch ausgebildet sein. 2Dies kann im Rahmen einer Weiterbildung erfolgen. 3Die Ausbildung muss insbesondere auf die Erlangung praktischer Unterrichtserfahrung, den Umgang mit verschiedenen Lehr- und Lernmethoden bzw. -typen und die Aufarbeitung von Lehrmaterialien ausgerichtet sein.

(6) 1Es erfolgt eine flächendeckende Evaluation aller Lehrveranstaltungen, die regelmäßig ausgewertet werden. 2Lehrende, die fortlaufend überwiegend negative Evaluationen erhalten, dürfen nicht für Lehrveranstaltungen eingesetzt werden.

(7) Lehrende sind für die Lehrtätigkeit angemessen zu kompensieren.

(8) 1Vor Abschluss des juristischen Vorbereitungsdienstes sind Informationsveranstaltungen zu verschiedenen juristischen Berufsfeldern anzubieten. 2Diese sollen z.B. Informationen zu kranken-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Folgen der einzelnen beruflichen Tätigkeiten (z.B. Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer, Verbeamtung im öffentlichen Dienst, Selbstständigkeit) umfassen.

§ 10 Lehrmaterialien

(1) 1Die nach Landesrecht zuständigen Stellen der Justizministerien, Oberlandesgerichte und/oder Stammdienststellen haben die Rechtsreferendar:innen angemessen auf die Tätigkeiten in den Stationen des juristischen Vorbereitungsdienstes und auf die zweite Staatsprüfung vorzubereiten. 2Ein erfolgreicher Abschluss der zweiten Staatsprüfung muss ohne den Besuch privater Repetitorien möglich sein.

(2) 1Es sind aktuelle und umfassende Lehr- und Lernmaterialien zur Vorbereitung auf die praktische Tätigkeit in den Ausbildungsstationen sowie die zweite Staatsprüfung den Lehrenden sowie den Rechtsreferendar:innen, unabhängig von ihrem Ausbildungsbezirk, digital zur Verfügung zu stellen. 2Die Lehr- und Lernmaterialien umfassen unter anderem Skripte, sogenannte Altklausuren und geeignete Übungsfälle jeweils einschließlich ausformulierter Musterlösungen, allgemeine Formulierungsvorschläge und Wiederholungsfragen. 3Sie sind auch Rechtsreferendar:innen aus anderen Ausbildungsbezirken und Ländern unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.

§ 11 Klausurenkurs

(1) 1In allen Ausbildungsbezirken ist wöchentlich ein unentgeltlicher Klausurenkurs anzubieten. 2Die Teilnahme der Rechtsreferendar:innen erfolgt auf freiwilliger Basis. 3Der Klausurenkurs muss die Bedingungen in der zweiten Staatsprüfung möglichst realitätsnah abbilden, d.h. einen Bearbeitungszeitraum von fünf Stunden vorsehen und auch aktuelle Rechtsprechung aufgreifen. 4Die Klausuren sollen in Bezug auf die Rechtsgebiete Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht proportional zur jeweiligen Anzahl der Aufsichtsarbeiten in der zweiten Staatsprüfung angeboten werden. 5Den Rechtsreferendar:innen soll die Möglichkeit eingeräumt werden, die Klausuren vor Ort unter Prüfungsbedingungen zu schreiben.

(2) Sofern die Aufsichtsarbeiten in der zweiten Staatsprüfung elektronisch abgelegt werden können, ist auch die Klausurerstellung im Klausurenkurs mit dem Texterstellungs- und -bearbeitungsprogramm, das für die elektronischen Aufsichtsarbeiten in der zweiten Staatsprüfung verwendet wird, zu gewährleisten.

(3) 1Auch Klausursachverhalte aus aktuellen Prüfungskampagnen der zweiten Staatsprüfung sind in den Klausurenkurs aufzunehmen. 2Die sogenannte „Sperrfrist“ zur Verwendung von Klausursachverhalten der zweiten Staatsprüfung im Rahmen der Ausbildung im juristischen Vorbereitungsdienst ist aufzuheben.

(4) Auch für Personen, die sich auf den sogenannten Verbesserungsversuch oder den Wiederholungsversuch der zweiten Staatsprüfung vorbereiten, ist die Teilnahme am Klausurenkurs unentgeltlich.

(5) 1Die Klausuren sind von hierfür geschultem Personal zu korrigieren. 2Die Korrekturen erfolgen fair und objektiv, sind qualitativ hochwertig, transparent, nachvollziehbar, inhaltlich begründet und enthalten eine möglichst detaillierte Rückmeldung zu Wissensstand und Bearbeitungstechnik der Rechtsreferendar:innen. 3Den Rechtsreferendar:innen sind ausformulierte Musterlsungen und die originalen sogenannten Prüfervermerke des Landesjustizprüfungsamts zur Verfügung zu stellen sowie ein Besprechungstermin anzubieten. 4Die Rückgabe der korrigierten Klausur und der Besprechungstermin erfolgen spätestens drei Wochen nach dem Abgabetermin.

(6) Neben dem Klausurenkurs ist den Rechtsreferendar:innen Zugriff auf ein Archiv mit Übungsklausuren mit ausformulierten Musterlösungen sowie Aktenvorträgen nach dem Beispiel des Internet-Klausurenkursesdes Kammergerichts Berlin zu gewähren.

(7) 1Mindestens einmal pro Halbjahr ist ein Probeexamen anzubieten. 2Das Probeexamen hat dieselbe Anzahl an Klausuren zu umfassen, wie die zweite Staatsprüfung in dem jeweiligen Bundesland an Aufsichtsarbeiten umfasst. 3Das Probeexamen wird unter den äußeren Bedingungen angeboten, die denjenigen der zweiten Staatsprüfung entsprechen. 4Insbesondere besteht die Möglichkeit, das Probeexamen in den Räumen, in denen die zweite Staatsprüfung abgelegt wird und unter Nutzung der in der zweiten Staatsprüfung zur Verfügung stehenden Hilfsmittel zu schreiben. 5Die Korrektur muss unterden in Abs. (5) genannten Bedingungen erfolgen.

§ 12 Arbeitsmittel

(1) 1Den Rechtsreferendar:innen ist ein umfassender Zugang zu praxisgerechten juristischen Datenbanken zu ermöglichen. 2Die Datenbanken müssen den Zugriff auf juristische Ausbildungsliteratur umfassen.

(2) 1Für die Ausbildung am Arbeitsplatz sind den Rechtsreferendar:innen die notwendigen Arbeitsmittel zu stellen; ein Arbeitsplatz ist vorzuhalten. 2Zu den notwendigen Arbeitsmitteln gehört auch ein Arbeitslaptop, der den Anforderungen der Tätigkeiten während der Stationen genügt und insbesondere den Schutz sensibler Daten sicherstellt.

(3) 1Die Ausbildungsbezirke stellen den Rechtsreferendar:innen sowie den Lehrenden eine geeignete und nutzerfreundliche digitale Infrastruktur zur Organisation des juristischen Vorbereitungsdienstes zur Verfügung. 2Diese umfasst Plattformen zur Anmeldung zur Arbeitsgemeinschaft sowie zu Prüfungen, zu Datenbanken und Lernplattformen.

(4) Allen Rechtsreferendar:innen ist ein dienstliches E-Mail-Postfach einzurichten.

(5) 1Den Rechtsreferendar:innen ist zur Wahrnehmung ihrer jeweiligen Stationstätigkeit der Zugriff auf die sogenannte E-Akte zu gewähren. 2Die Rechtsreferendar:innen sind im Umgang mit der E-Akte zu schulen.

§ 13 Unterstützungsangebot in psychischen Angelegenheiten

(1) 1Die zweite Staatsprüfung und die Vorbereitung hierauf während des juristischen Vorbereitungsdienstes stellen regelmäßig erhebliche psychische Belastungen für Rechtsreferendar:innen dar. 2Folglich zählt zur Fürsorgepflicht der Dienstvorgesetzten in Zusammenarbeit mit den mit der Ausbildung betrauten staatlichen Stellen, wie den Oberlandesgerichten und den Landesprüfungsämtern, insbesondere die Bereitstellung von Angeboten zur professionellen, individuellen Beratung bei psychischen Belastungen, Seminaren zur Stressbewältigung und vergleichbaren Hilfsangeboten. 3Für die Inanspruchnahme solcher Hilfsangebote sind Rechtsreferendar:innen von Dienstverpflichtungen freizustellen. 4Den Rechtsreferendar:innen stehen Plattformen zum Austausch untereinander zur Verfügung.

(2) Die Dienst- und Ausbildungsstellen sind für die psychische Belastung der Rechtsreferendar:innen innerhalb und aufgrund des juristischen Vorbereitungsdienstes zu sensibilisieren.

(3) 1Die anonyme Inanspruchnahme von Therapie- und Unterstützungsangeboten muss ermöglicht werden. 2Die Inanspruchnahme von Therapie- und Unterstützungsangeboten muss bei einer etwaigen späteren Bewerbung zur Aufnahme in den Justizdienst unberücksichtigt bleiben.

IV. Zweite Staatsprüfung

§ 14 Bundesweite Vereinheitlichung der zweiten Staatsprüfung

1Die Chancengleichheit bei der zweiten Staatsprüfung sowie eine Vergleichbarkeit der Prüfungsergebnisse kann nur durch eine bundesweite Vereinheitlichung der Prüfungsgegenstände und -bedingungen erreicht werden. 2Für die zweite Staatsprüfung müssen in allen Ländern dieselben Regelungen gelten. 3Dabei hat eine Angleichung „nach oben“ zugunsten der Kandidat:innen zu erfolgen.

§ 15 Prüfungsgegenstände

(1) 1Der Schwerpunkt der Prüfungsanforderungen hat darauf zu liegen, die praxistaugliche Umsetzung von Aufgabenstellungen abzuprüfen und nicht, vergleichbar mit der staatlichen Pflichtfachprüfung der ersten Prüfung im Schwerpunkt, materiell-rechtliche Problemstellungen abzufragen. 2Die zweite Staatsprüfung ist im Besonderen darauf auszulegen, die juristische Argumentationsfähigkeit zu beweisen und nicht darauf, Einzelfallwissen zu reproduzieren.

(2) 1Der Pflichtfachstoff ist bundesweit zu vereinheitlichen. 2Alle Länder haben sich auf einen gemeinsamen Prüfungsgegenständekatalog für die zweite Staatsprüfung zu einigen. 3Besonderheiten im Landesrecht, insbesondere im Kommunalrecht sind hierbei zu berücksichtigen.

4Der Umfang der Prüfungsgegenstände ist präzise zu formulieren. 5Bis zu einer Einigung über einen gemeinsamen Prüfungsgegenständekatalog ist jedenfalls in den Ländern, die bisher keinen Prüfungsgegenständekatalog aufweisen, ein solcher zu verfassen.

(3) 1Der Umfang der Prüfungsgegenstände ist zu kürzen. 2Die Auffangklausel in den Prüfungsgegenständekatalogen, dass andere als die aufgelisteten Rechtsgebiete „im Überblick“ oder „in Grundzügen“ abgeprüft werden können, ist zu streichen und nicht in einen gemeinsamen Prüfungsgegenständekatalog aller Länder aufzunehmen.

(4) 1Neue Prüfungsgegenstände sind nur unter Streichung anderer Prüfungsinhalte in einen Prüfungsgegenständekatalog aufzunehmen. 2Als Aufnahme neuer Prüfungsinhalte gilt auch, wenn durch Gesetzesänderungen wesentliche, neue Normen in bestehende, bereits prüfungsgegenständliche Normabschnitte aufgenommen werden und dadurch mittelbar der Prüfungsstoff erweitert wird. 3Es findet eine regelmäßige Überprüfung des Umfangs der Prüfungsgegenstände statt. 4Die Interessenvertretungen der Rechtsreferendar:innen, insbesondere die Personalvertretungen, sind aktiv zu beteiligen.

(5) 1Die Transparenz in Bezug auf die Anforderungen in der zweiten Staatsprüfung ist zu erhöhen. 2Die Landesjustizprüfungsämter sollen regelmäßig Informationsveranstaltungen anbieten, in denen die Rechtsreferendar:innen über den Ablauf und die Inhalte der zweiten Staatsprüfung aufgeklärt werden und Fragen stellen können. 3Die Landesjustizprüfungsämter müssen die allgemeinen Korrekturanweisungen für die zweite Staatsprüfung sowie die Prüfervermerke von Klausuren, die nicht mehr im Rahmen der zweiten Staatsprüfung verwendet werden, veröffentlichen. 4Die Landesjustizprüfungsämter haben transparent zu machen, wie Klausuren erstellt oder ausgewählt werden. 5Die Landesjustizprüfungsämter haben auch die Anforderungen an Klausurersteller:innen und deren Kompetenzen offenzulegen.

§ 16 Rahmenbedingungen der zweiten Staatsprüfung

(1) 1Die Rahmenbedingungen der zweiten Staatsprüfung sind bundesweit zu vereinheitlichen. 2Dies umfasst insbesondere die Anzahl der Aufsichtsarbeiten, die Gewichtung der mündlichen Prüfung in der Gesamtnote, die Möglichkeit, das Rechtsgebiet einer Aufsichtsarbeit zu wählen (sogenannte Wahlklausur), die technischen Rahmenbedingungen, die zulässigen Hilfsmittel, den Einsatz der sogenannten Spitzklammertechnik und die zeitlichen Vorgaben für den Aktenvortrag der mündlichen Prüfung.

(2) Solange das Ablegen von Aufsichtsarbeiten die einzige schriftliche Prüfungsleistung der zweiten Staatsprüfung darstellt, ist die Anzahl der Aufsichtsarbeiten auf maximal sieben zu beschränken.

(3) 1Nach zwei aufeinanderfolgenden Prüfungstagen muss ein prüfungsfreier Tag eingeplant werden. 2Innerhalb einer Kalenderwoche dürfen maximal vier Aufsichtsarbeiten angefertigt werden.

(4) 1Die Räumlichkeiten, in denen die Prüfungen abgelegt werden, müssen dem Zweck angemessen sein. 2Es ist für eine ruhige Atmosphäre, regelmäßige Durchlüftung und Tische zu sorgen, auf denen mindestens alle zugelassenen Hilfsmittel nebeneinander im geschlossenen Zustand Platz finden.

§ 17 Hilfsmittel

(1) In der zweiten Staatsprüfung sollen der Aktenauszug und die zugelassenen Hilfsmittel sowohl in analoger als auch in digitaler Form durch die Landesjustizprüfungsämter oder Ausbildungsstellen zur Verfügung gestellt und durch die Kandidat:innen genutzt werden dürfen.

(2) 1Die für die zweite Staatsprüfung zugelassenen Kommentare sind hinsichtlich ihrer Tauglichkeit zu überprüfen und die Liste der zugelassenen Hilfsmittel zu aktualisieren und zu vereinheitlichen. 2Dabei sind die Interessenvertretungen der Rechtsreferendar:innen anzuhören.

(3) Sofern Hilfsmittel nicht durch die Landesjustizprüfungsämter zur Verfügung gestellt werden, sollen in allen Ländern Normenverweise, Unterstreichungen, Markierungen und Griffregister in den Hilfsmitteln, d.h. sowohl in den Gesetzestexten als auch in den Kommentaren, ohne eine zahlenmäßige oder örtliche Beschränkung zulässig sein.

(4) 1In der Praxis verwendete Vorlagen (wie z.B. Vorlage des Rubrums oder der Abschlussverfügung) sind für die Bearbeitung als Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. 2Sofern sie nicht zur Verfügung gestellt werden oder werden können, sind Formatierungen in den Aufsichtsarbeiten nicht zu bewerten.

§ 18 Prüfungsprozesse und Qualitätssicherung

(1) 1Die Länder haben für eine ausreichende Finanzierung der Landesjustizprüfungsämter zum Zwecke der Qualitätssicherung der zweiten Staatsprüfung zu sorgen. 2Die zweite Staatsprüfung muss von den Justizministerien darüber hinaus einer regelmäßigen Überprüfung zur Qualitätssicherung unterzogen werden. 3Zu einer Qualitätssicherung gehören die regelmäßige externe Untersuchung der geschriebenen Aufsichtsarbeiten und der Bewertungen, die Sicherstellung einer guten Organisation und zumutbarer Prüfungsbedingungen am Prüfungsort.

(2) 1Die Landesjustizprüfungsämter haben bei der Erstellung und Auswahl von Klausursachverhalten für die Zweite Staatsprüfung Kontrollprozesse ein- und durchzuführen, die sicherstellen, dass die Aufsichtsarbeiten inhaltlich den Anforderungen der zweiten Staatsprüfung entsprechen, die Sachverhalte keine Fehler und Lücken aufweisen, der Sachverhalt in der vorgegebenen Bearbeitungszeit vollständig bearbeitet und mit den zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln, insbesondere den zur Verfügung stehenden Kommentaren, gelöst werden kann. 2Der Erstellungs- und Auswahlprozess hat auch zu beinhalten, dass die Klausur von mindestens drei Volljurist:innen, deren zweite Staatsprüfung maximal drei Jahre zurückliegt, unter Examensbedingungen probeweise geschrieben wird. 3Dieser Prozess ist auch durchzuführen, wenn der Sachverhalt der Aufsichtsarbeit dem sogenannten Ringtausch entnommen wird bzw. in sonstiger Weise von Dritten oder anderen Landesjustizprüfungsämtern übernommen wird. 4DasKonzept, die Methode und die Durchführung des Kontrollprozesses sind schriftlich niederzulegen.

(3) 1Die Landesjustizprüfungsämter formulieren für jede Aufsichtsarbeit Prüfervermerke sowie Erwartungshorizonte, die insbesondere auch auf die Möglichkeit abweichender Aufbau-, Argumentations- und Lösungsmöglichkeiten sowie auf die eingeschränkten Inhalte der den Kandidat:innen zur Verfügung stehenden Kommentare verweisen. 2Diese Prüfervermerke und Erwartungshorizonte sind den Kandidat:innen bei der Einsichtnahme in ihre Aufsichtsarbeiten zur Verfügung zu stellen. 3Den Kandidat:innen ist jeweils ein Notenspiegel in Bezug auf ihre:n Erstkorrektor:in sowie ihre:n Zweitkorrektor:in und in Bezug auf die Prüfungskampagne des Landes zur Verfügung zu stellen.

(4) 1Den Personalvertretungen der Rechtsreferendar:innen und den nach Landesgesetz vergleichbaren Interessensvertretungen sind auf Verlangen die organisatorischen Abläufe des jeweiligen Landesjustizprüfungsamts und insbesondere die Prozesse zur Erstellung und Auswahl von Klausursachverhalten darzulegen. 2Die Personalvertretungen der Rechtsreferendar:innen sind dabei zur Verschwiegenheit über personenbezogene Daten verpflichtet.

§ 19 E-Examen

(1) 1An allen Prüfungsstandorten der zweiten Staatsprüfung ist die Möglichkeit der Ablegung der Aufsichtsarbeiten in elektronischer Form (sogenanntes E-Examen) einzuführen. 2Die hierzu eingesetzte Hardware hat einen hinreichend großen Bildschirm, eine separate Tastatur und eine Computermaus zu umfassen. 3Etwaige Modifikationen an der Hardware sind den Kandidat:innen mindestens vier Monate vor ihrem Prüfungstermin mitzuteilen.

(2) 1Die zur Anfertigung der Aufsichtsarbeiten verwendete Software muss alle Funktionen eines modernen Texterstellungs- und -bearbeitungsprogramms umfassen. 2Dies umfasst die Anzeige von Seitenzahlen und Seitenumbrüchen bereits in der Arbeitsversion, die Funktionen „Kopieren und Einfügen“, „Suchen und Ersetzen“, „Ausschneiden“ sowie eine Rechtschreibkorrektur. 3Diese Funktionen müssen ebenfalls für die Bearbeitung des Sachverhalts zur Verfügung stehen.

(3) 1Das Programm muss sowohl eine zentralisierte als auch eine lokale Zwischenspeicherung in Echtzeit umfassen, um bei technischen Problemen ohne zeitliche Verzögerung weiterarbeiten zu können. 2Tritt dennoch eine technisch bedingte zeitliche Verzögerung ein, ist diese in Form einer Schreibzeitverlängerung auszugleichen.

(4) Die Möglichkeit einer Prüfungsvorbereitung mit dem Texterstellungs- und -bearbeitungsprogramm, das für die elektronischen Aufsichtsarbeiten verwendet wird, ist zu gewährleisten.

§ 20 Korrekturbedingungen

(1) 1Die Zweitkorrektur der Aufsichtsarbeiten in der zweiten Staatsprüfung erfolgt ohne Kenntnis des Votums und der Bewertung des:der Erstkorrektor:in (verdeckte Zweitkorrektur). 2Ab einer Abweichung der Bewertung von drei Punkten zwischen der Erst- und Zweitkorrektur ist eine verdeckte Drittkorrektur durchzuführen und eine Durchschnittsnote zu bilden. 3Bei geringeren Abweichungen ist eine Durchschnittsnote aus Erst- und Zweitkorrektur zu  bilden. 4Die Landesjustizprüfungsämter haben die Anzahl der durchgeführten Drittkorrekturen statistisch zu erheben und zu veröffentlichen.

(2) Korrektor:innen müssen jedenfalls auf die den Kandidat:innen bei der Anfertigung der Aufsichtsarbeiten zur Verfügung stehenden Kommentare zurückgreifen.

§ 21 Bewertung

(1) 1Die Notenskala von 18 Punkten ist bei der Bewertung der Aufsichtsarbeiten auszuschöpfen. 2Die Klausuren sind so zu konzipieren, dass ein:e Kandidat:in innerhalb der fünfstündigen Bearbeitungszeit die Maximalpunktzahl erreichen kann. 3Der Umfang und Inhalt ist entsprechend der Bearbeitungszeit zu begrenzen.

(2) Der Prüfungsausschuss darf von der rechnerisch ermittelten Gesamtnote aus den Aufsichtsarbeiten und der Note der mündlichen Prüfung nur zugunsten des:der Kandidat:in abweichen, wenn dies aufgrund des Gesamteindrucks den Leistungstand des:der Kandidat:in besser kennzeichnet.

(3) 1Die Noten der Aufsichtsarbeiten sind den Rechtsreferendar:innen online zu einem zuvor benannten Termin (Stichtag und Uhrzeit) bekanntzugeben, bevor diese postalisch versandt werden. 2Die Einsichtnahme in die Bewertung ihrer Aufsichtsarbeiten ist den Kandidat:innen unmittelbar nach der Bekanntgabe der Noten der Aufsichtsarbeiten und vor der mündlichen Prüfung zu gewähren.

§ 22 Mündliche Prüfung

(1) Die Ausgestaltung hinsichtlich Dauer und Ablauf der mündlichen Prüfung und ihrer Bestandteile sind aus Gründen der Chancengleichheit bundesweit einheitlich zu gestalten.

(2) Zu einer mündlichen Prüfung sind maximal vier Personen zu laden.

(3) 1Der Prüfungsausschuss ist divers zu besetzen. 2Ihm gehört mindestens eine Frau an.

(4) Zwischen der Ladung zur und dem Termin der mündlichen Prüfung sollen mindestens vier Wochen liegen.

(5) 1Die mündliche Prüfung ist von einer Person, die nicht dem Prüfungsausschuss angehört, zu protokollieren. 2In das Protokoll sind die Namen aller anwesenden Personen, auch die der Zuhörer:innen, aufzunehmen. 3Die Prüfer:innen müssen ihre Bewertungsentscheidungen für jede:n Kandidat:in in das Protokoll einfügen und begründen. 4Das Protokoll ist den Kandidat:innen zur Verfügung zu stellen.

(6) Kandidat:innen dürfen das Rechtsgebiet für einen etwaig als Teil der mündlichen Prüfung vorgesehenen Aktenvortrag selbst auswählen.

§ 23 Prüfungsversuche

(1) In der zweiten Staatsprüfung ist die Möglichkeit von drei regulären Prüfungsversuchen einzuführen.

(2) Die Teilnahme an den Prüfungsversuchen ist, auch im Falle der Teilnahme zur Notenverbesserung, unentgeltlich zu gewähren.

(3) Solange keine unentgeltliche Teilnahme an Wiederholungsprüfungen, insbesondere der Prüfung zum Zwecke der Notenverbesserung möglich ist, hat das jeweilige Landesjustizprüfungsamt Möglichkeiten zur Minimierung der finanziellen Belastung durch die Gebühr für den Notenverbesserungsversuch anzubieten (z.B. Ratenzahlung).

(4) 1Kandidat:innen, die die zweite Staatsprüfung nicht bestanden haben oder eine Prüfung zum Zwecke der Notenverbesserung wahrnehmen wollen, soll ein auf diese Bedürfnisse zugeschnittenes, unentgeltliches Lern- und Wiederholungsprogramm angeboten werden. 2Die Teilnahme soll freiwillig erfolgen.

V. Zukunftsfähigkeit des juristischen Vorbereitungsdienstes

§ 24 Konzeptentwicklung zur Restrukturierung des juristischen Vorbereitungsdienstes

(1) 1Der Bundesgesetzgeber, die Landesgesetzgeber, die Justizministerien der Länder sowie des Bundes, die Ausbildungsstellen und die Landesjustizprüfungsämter haben in Zusammenarbeit mit den Interessenvertretungen der Rechtsreferendar:innen Konzepte zu erforschen und zu erarbeiten, wie der juristische Vorbereitungsdienst und die zweite Staatsprüfung zukunftsfähig gestaltet und hierdurch die Effizienz und die Attraktivität der juristischen Ausbildung insgesamt erhöht werden können. 2Dabei ist zu berücksichtigen, dass der juristische Vorbereitungsdienst den modernen Anforderungen einer Informationsgesellschaft, der flächendeckenden Ausbreitung von Künstlicher Intelligenz sowie der allgegenwärtigen Datafizierung gerecht werden muss. 3Insbesondere muss der juristische Vorbereitungsdienst diejenigen Kompetenzen vermitteln, die die Rechtsreferendar:innen auf die Anforderungen einer modernen Berufstätigkeit vorbereitet. 4Die Kompetenzvermittlung hat den Umgang mit modernen Technologien zu umfassen.

(2) 1Die Untersuchungen und zu erstellenden Konzepte sollen sich nicht auf einzelne Modifizierungen des bestehenden Systems der juristischen Ausbildung beschränken, sondern grundlegende strukturelle Änderungen zum Gegenstand haben. 2Insbesondere ist zu untersuchen, ob eine grundlegende Neugestaltung der juristischen Ausbildung auch beispielsweise die (Wieder-)Einführung der einstufigen juristischen Ausbildung oder den Einsatz alternativer Prüfungsformate, wie eine mündlich-praktische Prüfung, vergleichbar mit dem Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, Hausarbeiten oder Moot Courts, umfassen kann.

VI. Diversität und Vielfalt

§ 25 Antidiskriminierung

(1) 1Niemand darf aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen oder antisemitischen Zuschreibung, der Sprache, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der sexuellen oder geschlechtlichen Identität, der sexuellen Orientierung oder des sozialen Status benachteiligt werden. 2Der Schutz vor Diskriminierung und die Gewährung von Hilfestellen für Rechtsreferendar:innen ist auszuweiten und zu fördern.

(2) 1An jeder Ausbildungsstelle sind klare Strukturen und ein formalisiertes Verfahren für den Umgang mit Fällen und Verdachtsfällen von Diskriminierung oder Benachteiligung einzurichten. 2Dies umfasst eine von der Referendariatsabteilung unabhängige Beschwerdestelle (z.B. Gleichstellungsbeauftragte). 3Das Verfahren darf zu keinen Nachteilen im Ausbildungsverlauf und bei der Bewertung betroffener Rechtsreferendar:innen führen. 4In Fällen von Diskriminierung oder Benachteiligung durch den:die Ausbilder:in muss die Möglichkeit bestehen, diese:n zu wechseln. Ein solcher Wechsel kann auch am Ende oder nach Beendigung der Station erfolgen, um eine neutrale Bewertung der Prüfungs- und Stationsleistungen sicherzustellen.

(3) 1Es werden verpflichtende, themenspezifische Schulungen im Bereich Antidiskriminierung für Rechtsreferendar:innen, Lehrpersonen, Ausbilder:innen in der Zivil- und Strafrechtstation und Prüfer:innen eingeführt, die den anderen Dienstverpflichtungen vorgehen. 2Für andere Ausbilder:innen wird die Möglichkeit geschaffen, diese zu besuchen. 3Das Schulungspersonal muss über hinreichende fachliche und didaktische Kenntnisse verfügen und für die Schulung angemessen entlohnt werden. 4Es soll auch Schulungspersonal nichtstaatlicher Organisationen berücksichtigt werden.

(4) Bei der Erstellung von Prüfungssachverhalten ist darauf zu achten, dass keine Stereotype und/oder Rollenklischees bedient und hierdurch verstärkt werden.

(5) Die Kleidung der Kandidat:innen darf bei der Bewertung der mündlichen Prüfung sowie den Stationsleistungen nicht berücksichtigt werden.

§ 26 Gleichstellung

(1) 1Neben der Dienstbezeichnung „Rechtsreferendar“ und „Rechtsreferendarin“ wird in allen Ländern auch die Bezeichnung „Rechtsreferendar:in“ oder eine andere Dienstbezeichnung für Personen mit dem Eintrag „divers“ oder „ohne“ im Personenstandsregister eingeführt. 2Die Informationen des Landes zur juristischen Ausbildung und die Anmelde- und sonstigen Formulare sind dahingehend zu formulieren, dass Personen mit dem Eintrag „divers“ oder „ohne“ im Personenstandsregister nicht diskriminiert werden. 3Bei der Anmeldung zum juristischen Vorbereitungsdienst kann mindestens zwischen weiblich, männlich, divers und ohne eine entsprechende Anredeform gewählt werden.

(2) Es stehen Toiletten für Personen mit dem Eintrag „divers“ oder „ohne“ im Personenstandsregister zur Verfügung.

(3) Bei der Erbringung von Leistungen, sowohl während des juristischen Vorbereitungsdienstes als auch in der zweiten Staatsprüfung, darf die Verwendung von geschlechtergerechter Sprache nicht negativ in die Bewertung einfließen.

(4) 1Der:die Gleichstellungsbeauftragte der Dienststelle ist auch für die Belange der Rechtsreferendar:innen zuständig. 2Diese ist unter Beteiligung der Rechtsreferendar:innen zu wählen. 3Zusätzlich wählen die Rechtsreferendar:innen eine:n eigene:n Gleichstellungsbeauftragte:n aus ihren Reihen. 4Gleichstellungsbeauftragte dienen als vertrauliche Ansprechpersonen für (anonyme) Beschwerden und ergreifen bei Vorliegen eines diskriminierenden Sachverhalts die erforderlichen Maßnahmen. 5Sie sind in Fragen von Gleichstellung und Frauenförderung aktiv zu beteiligen.

§ 27 Juristische Ausbildung mit Behinderung

(1) 1Die Inklusion in den juristischen Vorbereitungsdienst für Menschen mit Behinderungen ist zu fördern. 2Der Zugang zum juristischen Vorbereitungsdienst und dessen Durchführung müssen durch eine behindertengerechte Organisation und Ausstattung ermöglicht werden. 3Barrieren sind abzubauen.

(2) Integrationsbeauftragte für behinderte und chronisch kranke Rechtsreferendar:innen sind einzusetzen.

§ 28 Vereinbarkeit von juristischer Ausbildung und Pflege- und Familienverantwortung

(1) 1Die Vereinbarkeit des juristischen Vorbereitungsdienstes mit Pflege- bzw. Familienverantwortung ist zu fördern. 2Hierbei ist insbesondere auf eine möglichst flexible Ausgestaltung von Teilzeitmodellen im juristischen Vorbereitungsdienst hinzuwirken. 3Die Erfahrungen der betroffenen Rechtsreferendar:innen sind zu evaluieren und hieraus Verbesserungspotentiale zu ermitteln.

(2) Bundesweit ist auf einen angemessenen Betreuungsgeldzuschlag hinzuwirken.