1Alle relevanten Informationen zum juristischen Vorbereitungsdienst, insbesondere zur Organisation der Ausbildung, zu Lerninhalten und Finanzierung des Lebensunterhalts, müssen von den Ausbildungsbezirken übersichtlich gestaltet und leicht zugänglich gemacht werden. 2Jeder Ausbildungsbezirk soll pro Halbjahr mindestens eine Informationsveranstaltung zum juristischen Vorbereitungsdienst und der zweiten Staatsprüfung anbieten.
(1) 1Aus Gründen der Chancengleichheit ist allen Rechtsreferendar:innen in gleicher Weise die Möglichkeit zu geben, Zuweisungswünsche bezüglich der konkreten Ausbildungsstätten der Zivil- und Strafstation zu stellen, welche zu berücksichtigen sind. 2Für die Strafstation sind ausreichend Ausbildungskapazitäten bei der Staatsanwaltschaft und den Strafgerichten vorzuhalten, sodass allen Rechtsreferendar:innen auf Wunsch die Zuweisung zur Staatsanwaltschaft oder einem Strafgericht ermöglicht werden kann. 3Die Verwaltungsstation sollte an einem Verwaltungsgericht abgeleistet werden dürfen.
(2) Die Regelungen zum Erholungsurlaub sind so auszugestalten, dass Rechtsreferendar:innen diesen bereits für Zeiträume in späteren Stationen beantragen und genehmigt bekommen können.
(3) 1Die Vereinbarkeit des juristischen Vorbereitungsdienstes mit dem Berufs- und Privatleben der Rechtsreferendar:innen soll verbessert werden. 2Insbesondere sind die Termine der Arbeitsgemeinschaften sowie der Probeklausuren möglichst frühzeitig mitzuteilen und einzuhalten.
(1) 1Es ist eine Unterhaltsbeihilfe oder gleichwertige Vergütung der Rechtsreferendar:innen sicherzustellen, die der Höhe nach geeignet ist, einen angemessenen Lebensunterhalt während des juristischen Vorbereitungsdienstes zu sichern. 2Bei der Bestimmung der Angemessenheit ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Rechtsreferendar:innen um Personen mit einem mindestens fünf Jahre dauernden und erfolgreich absolvierten Hochschulstudium handelt, die von den Ausbildungsstellen entsprechend dieser Fähigkeiten eingesetzt werden können. 3Die Unterhaltsbeihilfe sollte mindestens dem gesetzlichen Mindestlohn bei einer Vollzeittätigkeit entsprechen. 4Regionale Rahmenbedingungen, wie Mietspiegel und die Verkehrsanbindung des Ausbildungsortes, sowie die Inflation sind bei der Beurteilung der angemessenen Höhe zugunsten der Rechtsreferendar:innen zu berücksichtigen.
(2) 1Kürzungen der Unterhaltsbeihilfe oder gleichwertigen Vergütung sind nicht vorzunehmen. Insbesondere dürfen Zuverdienste nicht zu einer Kürzung der Leistungen führen. 2Eine Zuverdienstgrenze darf nicht bestehen. 3Es darf keine Beschränkung hinsichtlich der Stundenzahl für Nebentätigkeiten bestehen. 4Juristische und nicht-juristische Nebentätigkeiten dürfen nicht unterschiedlich behandelt werden. 5Die Zuverdienstmöglichkeiten bzw. die Erlaubnis zur Ausübung einer Nebentätigkeit dürfen nicht von der Note der ersten Prüfung oder anderen Voraussetzungen abhängig gemacht werden, sondern stehen allein in der Verantwortung des:der Rechtsreferendar:in.
(3) Neben der Unterhaltsbeihilfe oder gleichwertigen Vergütung sollen die Länder den Rechtsreferendar:innen ein Job-Ticket und einen vergünstigten Zugang zu Gesundheitsangeboten (z.B. Fitness- und Resilienztrainings) ermöglichen.
1In jeder Ausbildungsstation ist den Rechtsreferendar:innen mindestens ein freier Lerntag pro Woche zu gewähren. 2Die Dienststellen wirken auf die einheitliche Umsetzung dieser Regelung bei den Ausbildungsstellen hin.
(1) 1Es sind regelmäßige Lehrveranstaltungen anzubieten, die die Rechtsreferendar:innen sowohl auf die praktische Tätigkeit in der jeweiligen Station als auch auf die zweite Staatsprüfung angemessen vorbereiten. 2Diese Lehrveranstaltungen sollen insbesondere regelmäßige Fallbesprechungen sowie Besprechungen aktueller Rechtsprechung zu allen examensrelevanten Rechtsgebieten umfassen.
(2) Zur Vorbereitung auf die zweite Staatsprüfung wird zusätzlich zu den fortlaufenden Arbeitsgemeinschaften ein Crashkurs bzw. Repetitorium angeboten, welches aus einem Hauptkurs, einem Fallbesprechungskurs, einem Kurs zur aktuellen Rechtsprechung sowie einem Probeexamen besteht.
(3) Die Teilnahme an den Lehrveranstaltungen muss für alle Rechtsreferendar:innen sowohl in Präsenz als auch digital möglich sein, ohne dass es hierfür eines Antrags oder eines Grundes bedarf.
(4) 1Die Teilnahme an allen Lehrveranstaltungen durch die Rechtsreferendar:innen erfolgt freiwillig. 2Ein Fernbleiben von den Lehrveranstaltungen führt insbesondere nicht zu einer Kürzung der Unterhaltsbeihilfe oder vergleichbaren Vergütungen.
(5) 1Alle Lehrenden müssen rhetorisch und fachdidaktisch ausgebildet sein. 2Dies kann im Rahmen einer Weiterbildung erfolgen. 3Die Ausbildung muss insbesondere auf die Erlangung praktischer Unterrichtserfahrung, den Umgang mit verschiedenen Lehr- und Lernmethoden bzw. -typen und die Aufarbeitung von Lehrmaterialien ausgerichtet sein.
(6) 1Es erfolgt eine flächendeckende Evaluation aller Lehrveranstaltungen, die regelmäßig ausgewertet werden. 2Lehrende, die fortlaufend überwiegend negative Evaluationen erhalten, dürfen nicht für Lehrveranstaltungen eingesetzt werden.
(7) Lehrende sind für die Lehrtätigkeit angemessen zu kompensieren.
(8) 1Vor Abschluss des juristischen Vorbereitungsdienstes sind Informationsveranstaltungen zu verschiedenen juristischen Berufsfeldern anzubieten. 2Diese sollen z.B. Informationen zu kranken-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Folgen der einzelnen beruflichen Tätigkeiten (z.B. Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer, Verbeamtung im öffentlichen Dienst, Selbstständigkeit) umfassen.
(1) 1Die nach Landesrecht zuständigen Stellen der Justizministerien, Oberlandesgerichte und/oder Stammdienststellen haben die Rechtsreferendar:innen angemessen auf die Tätigkeiten in den Stationen des juristischen Vorbereitungsdienstes und auf die zweite Staatsprüfung vorzubereiten. 2Ein erfolgreicher Abschluss der zweiten Staatsprüfung muss ohne den Besuch privater Repetitorien möglich sein.
(2) 1Es sind aktuelle und umfassende Lehr- und Lernmaterialien zur Vorbereitung auf die praktische Tätigkeit in den Ausbildungsstationen sowie die zweite Staatsprüfung den Lehrenden sowie den Rechtsreferendar:innen, unabhängig von ihrem Ausbildungsbezirk, digital zur Verfügung zu stellen. 2Die Lehr- und Lernmaterialien umfassen unter anderem Skripte, sogenannte Altklausuren und geeignete Übungsfälle jeweils einschließlich ausformulierter Musterlösungen, allgemeine Formulierungsvorschläge und Wiederholungsfragen. 3Sie sind auch Rechtsreferendar:innen aus anderen Ausbildungsbezirken und Ländern unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.
(1) 1In allen Ausbildungsbezirken ist wöchentlich ein unentgeltlicher Klausurenkurs anzubieten. 2Die Teilnahme der Rechtsreferendar:innen erfolgt auf freiwilliger Basis. 3Der Klausurenkurs muss die Bedingungen in der zweiten Staatsprüfung möglichst realitätsnah abbilden, d.h. einen Bearbeitungszeitraum von fünf Stunden vorsehen und auch aktuelle Rechtsprechung aufgreifen. 4Die Klausuren sollen in Bezug auf die Rechtsgebiete Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht proportional zur jeweiligen Anzahl der Aufsichtsarbeiten in der zweiten Staatsprüfung angeboten werden. 5Den Rechtsreferendar:innen soll die Möglichkeit eingeräumt werden, die Klausuren vor Ort unter Prüfungsbedingungen zu schreiben.
(2) Sofern die Aufsichtsarbeiten in der zweiten Staatsprüfung elektronisch abgelegt werden können, ist auch die Klausurerstellung im Klausurenkurs mit dem Texterstellungs- und -bearbeitungsprogramm, das für die elektronischen Aufsichtsarbeiten in der zweiten Staatsprüfung verwendet wird, zu gewährleisten.
(3) 1Auch Klausursachverhalte aus aktuellen Prüfungskampagnen der zweiten Staatsprüfung sind in den Klausurenkurs aufzunehmen. 2Die sogenannte „Sperrfrist“ zur Verwendung von Klausursachverhalten der zweiten Staatsprüfung im Rahmen der Ausbildung im juristischen Vorbereitungsdienst ist aufzuheben.
(4) Auch für Personen, die sich auf den sogenannten Verbesserungsversuch oder den Wiederholungsversuch der zweiten Staatsprüfung vorbereiten, ist die Teilnahme am Klausurenkurs unentgeltlich.
(5) 1Die Klausuren sind von hierfür geschultem Personal zu korrigieren. 2Die Korrekturen erfolgen fair und objektiv, sind qualitativ hochwertig, transparent, nachvollziehbar, inhaltlich begründet und enthalten eine möglichst detaillierte Rückmeldung zu Wissensstand und Bearbeitungstechnik der Rechtsreferendar:innen. 3Den Rechtsreferendar:innen sind ausformulierte Musterlösungen und die originalen sogenannten Prüfervermerke des Landesjustizprüfungsamts zur Verfügung zu stellen sowie ein Besprechungstermin anzubieten. 4Die Rückgabe der korrigierten Klausur und der Besprechungstermin erfolgen spätestens drei Wochen nach dem Abgabetermin.
(6) Neben dem Klausurenkurs ist den Rechtsreferendar:innen Zugriff auf ein Archiv mit Übungsklausuren mit ausformulierten Musterlösungen sowie Aktenvorträgen nach dem Beispiel des „Internet-Klausurenkurses“ des Kammergerichts Berlin zu gewähren.
(7) 1Mindestens einmal pro Halbjahr ist ein Probeexamen anzubieten. 2Das Probeexamen hat dieselbe Anzahl an Klausuren zu umfassen, wie die zweite Staatsprüfung in dem jeweiligen Bundesland an Aufsichtsarbeiten umfasst. 3Das Probeexamen wird unter den äußeren Bedingungen angeboten, die denjenigen der zweiten Staatsprüfung entsprechen. 4Insbesondere besteht die Möglichkeit, das Probeexamen in den Räumen, in denen die zweite Staatsprüfung abgelegt wird und unter Nutzung der in der zweiten Staatsprüfung zur Verfügung stehenden Hilfsmittel zu schreiben. 5Die Korrektur muss unterden in Abs. (5) genannten Bedingungen erfolgen.
(1) 1Den Rechtsreferendar:innen ist ein umfassender Zugang zu praxisgerechten juristischen Datenbanken zu ermöglichen. 2Die Datenbanken müssen den Zugriff auf juristische Ausbildungsliteratur umfassen.
(2) 1Für die Ausbildung am Arbeitsplatz sind den Rechtsreferendar:innen die notwendigen Arbeitsmittel zu stellen; ein Arbeitsplatz ist vorzuhalten. 2Zu den notwendigen Arbeitsmitteln gehört auch ein Arbeitslaptop, der den Anforderungen der Tätigkeiten während der Stationen genügt und insbesondere den Schutz sensibler Daten sicherstellt.
(3) 1Die Ausbildungsbezirke stellen den Rechtsreferendar:innen sowie den Lehrenden eine geeignete und nutzerfreundliche digitale Infrastruktur zur Organisation des juristischen Vorbereitungsdienstes zur Verfügung. 2Diese umfasst Plattformen zur Anmeldung zur Arbeitsgemeinschaft sowie zu Prüfungen, zu Datenbanken und Lernplattformen.
(4) Allen Rechtsreferendar:innen ist ein dienstliches E-Mail-Postfach einzurichten.
(5) 1Den Rechtsreferendar:innen ist zur Wahrnehmung ihrer jeweiligen Stationstätigkeit der Zugriff auf die sogenannte E-Akte zu gewähren. 2Die Rechtsreferendar:innen sind im Umgang mit der E-Akte zu schulen.
(1) 1Die zweite Staatsprüfung und die Vorbereitung hierauf während des juristischen Vorbereitungsdienstes stellen regelmäßig erhebliche psychische Belastungen für Rechtsreferendar:innen dar. 2Folglich zählt zur Fürsorgepflicht der Dienstvorgesetzten in Zusammenarbeit mit den mit der Ausbildung betrauten staatlichen Stellen, wie den Oberlandesgerichten und den Landesprüfungsämtern, insbesondere die Bereitstellung von Angeboten zur professionellen, individuellen Beratung bei psychischen Belastungen, Seminaren zur Stressbewältigung und vergleichbaren Hilfsangeboten. 3Für die Inanspruchnahme solcher Hilfsangebote sind Rechtsreferendar:innen von Dienstverpflichtungen freizustellen. 4Den Rechtsreferendar:innen stehen Plattformen zum Austausch untereinander zur Verfügung.
(2) Die Dienst- und Ausbildungsstellen sind für die psychische Belastung der Rechtsreferendar:innen innerhalb und aufgrund des juristischen Vorbereitungsdienstes zu sensibilisieren.
(3) 1Die anonyme Inanspruchnahme von Therapie- und Unterstützungsangeboten muss ermöglicht werden. 2Die Inanspruchnahme von Therapie- und Unterstützungsangeboten muss bei einer etwaigen späteren Bewerbung zur Aufnahme in den Justizdienst unberücksichtigt bleiben.