16. Februar 2022
Von September 2020 bis März 2021 hat der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. (BRF) seine zweite Umfrage zum psychischen Druck im Jurastudium durchgeführt. Mit 1178 Teilnehmenden ist die Umfrage dabei repräsentativ für die allgemeine psychische Situation der Jurastudierenden in Deutschland.
Überraschende oder neue Entwicklungen lässt die Umfrage nicht erkennen. Vielmehr bestätigt sie das, was der Bundesverband schon seit Jahren beobachtet. Gefragt, ob sie das Jurastudium mit Blick auf den psychischen Druck und die mentale Belastung im Studium weiterempfehlen würden, verneinten zwei Drittel der Befragten dies. Über 20% gaben sogar an, dass sie das Studium auf keinen Fall weiterempfehlen würden. Weiterhin gaben 31% an, dass sie kaum Zeit zum Entspannen finden, immerhin 8% finden nie Zeit. Das ist unter anderem damit zu erklären, dass Stress zwar eine Omnipräsenz im Studium darstellt, sich aber nur knapp ein Viertel der Studierenden mit aktivem Stressausgleich beschäftigt haben. Auch universitäre Angebote rund um psychische Gesundheit und Stressmanagement sind nicht einmal der Hälfte bekannt. Zwei Drittel der Studierenden wünschen sich jedoch mehr Angebote rund um Stressmanagement und mehr Informationen zu den universitären Angeboten.
Auch die „Ellbogenmentalität“ des Jurastudiums und der herrschende Konkurrenzdruck werden in der Umfrage deutlich: Über die Hälfte der Studierenden fühlt sich von ihren Kommiliton:innen unter Druck gesetzt, ebenfalls mehr als die Hälfte kann sich für ihre Kommiliton:innen nicht freuen, wenn diese gute Noten schreiben.
Bereits im Vorfeld von Klausuren fühlt sich die überwiegende Mehrheit (knapp 70%) schlecht oder sehr schlecht. Weniger als 10% hingegen gaben an, sich mit Blick auf die Klausuren gut zu fühlen. Über zwei Drittel stehen vor Klausuren unter hohem oder sehr hohem Druck. Ist eine Prüfung nicht bestanden, haben 72% Angst davor, auch beim nächsten Mal nicht zu bestehen. Und immerhin fast die Hälfte zweifelt in diesem Fall an, ob das Studium überhaupt das Richtige ist. Weiterhin wird die fehlende Transparenz der Notenvergabe bemängelt sowie, dass die Korrekturen häufig keine Hilfe für den weiteren Lernprozess darstellen. An dieser Stelle appellieren wir an die Fakultäten, bei der Rückgabe der Korrektur Voten beizufügen, sowie Musterlösungen und Lösungsskizzen zur Verfügung zu stellen, um die Benotung nachvollziehbarer zu gestalten.
Positiv kann zumindest angemerkt werden, dass sich die Sorgen und der Druck, der aufgrund des Studiums auf den Studierenden lastet, durch die Corona-Pandemie nicht noch verstärkt hat. Allerdings ist jeder Vierte besorgt, dass sich sein Studium ungewollt verlängern oder er in Prüfungen schlechter abschneiden wird.
„Wir wünschen uns, dass das Thema Psychischer Druck im Jurastudium endlich von den Universitäten in Angriff genommen wird. Die einhergehende psychische Belastung kann nicht mehr verneint werden, trotzdem wird das Thema in der Lehre totgeschwiegen und findet selbst auf ministerialer Ebene keine Erwähnung“, so Kira Kock, die Vorsitzende des Bundesverbands rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V.
„Mit expliziten Angeboten der Fakultäten zum Umgang mit dem psychischen Druck im Jurastudium könnte man dem aktuellen Trend gegensteuern. Außerdem ist es an der Zeit, dass etablierte Jurist:innen die Realität des Studiums und den Druck im Studium anerkennen. Immerhin, die Erkenntnis, dass man mit seinen Versagensängsten nicht allein ist, ist für viele ein großer Trost“, ergänzt Antonia Baumeister, stellvertretende Vorsitzende und Vorständin für Öffentlichkeitsarbeit.