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10. Juni 2024

Im Rahmen der Frühjahrskonferenz der 95. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister (JuMiKo) [sic!] wurde erneut über die „Zukunft der volljuristischen Ausbildung“ diskutiert. Doch abermals blieben die Justizminister:innen ergebnislos; tatsächliche Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungssituation wurden nicht getroffen. Der einzige Lichtblick bleibt ein noch nicht veröffentlichter Bericht, der „Denkanstöße für weitere Verbesserungen“ enthalten soll.

Annahmen der Justizminister:innen schlechterdings nicht mehr vertretbar

In ihrem Beschluss stellen die Justizminister:innen fest, dass die juristische Ausbildung „insgesamt gut geeignet“ sei, die derzeitigen und auch zukünftigen „wesentlichen Kompetenzen“ für die Ausübung volljuristischer Berufe zu vermitteln. Daher bestünde kein „grundlegender Reformbedarf“.

Damit widersprechen die Justizminister:innen sowohl Studierenden als auch Referendar:innen,  Berufsgruppen wie unter anderem der Anwaltschaft sowie den Vertretungen der Fakultäten und Fachbereiche, die geschlossen eine dringend notwendige Reform der volljuristischen Ausbildung fordern. Der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. (BRF) kritisiert zutiefst die unzutreffende Feststellung der Justizminister:innen, es bestünde kein „grundlegender Reformbedarf“. Im Gegenteil: Sowohl inhaltlich als auch strukturell sind tiefgreifende Veränderungen nötig, um die Ausbildung weiterhin attraktiv und zukunftsfähig zu gestalten. Inhaltlich erforderliche Änderungen reichen von einer Stärkung der Methodik bis zu einer dringend gebotenen Reduzierung des Pflichtfachstoffkatalogs; strukturelle Entwicklungen gebieten unter anderem die Einführung einer verdeckten Zweitkorrektur.

Belge für ihre Aussage, die juristische Ausbildung habe sich bewährt, liefern die Justizminister:innen derweil nicht. Das Scheitern der derzeitigen Ausbildung, Studierende flächendeckend für die juristische Ausbildung und Arbeit zu begeistern, legt vielmehr das Gegenteil nahe. So würde nur noch jede:r dritte Jurastudierende das aktuelle rechtswissenschaftliche Studium weiterempfehlen; dem entsprechend zeigt sich zudem ein bedenklicher Rückgang der Studierenden -und Absolvent:innenzahlen.

Notwendige Perspektivwechsel und effizientere Entscheidungsstrukturen

Der jetzige Beschluss zeigt einmal mehr, dass die dringend notwendige Reform der volljuristischen Ausbildung anders angegangen werden muss. Reformempfehlungen wie die des KOA dürfen nicht nur danach fragen, welche Qualitäten an zukünftige Jurist:innen gestellt werden sollten – zentrale Perspektive muss auch sein, wie die Ausbildung für Studierende ansprechend, integrativ und chancengleich gestaltet werden kann. Nur so können Studierende für die Ausbildung gewonnen und begeistert werden; nur so kann dem Rückgang der Studierenden -und Absolvent:innenzahlen entgegengewirkt werden.

Eine Debatte über die Zukunft der volljuristischen Ausbildung darf zudem nicht den juristischen Vorbereitungsdienst und die zweite Staatsprüfung vernachlässigen. Gerade diese bleiben in den bisherigen Überlegungen des KOA größtenteils außen vor. Auch für diesen Ausbildungsabschnitt ist ein Austausch mit den jeweiligen Interessensvertretungen wie der Referendariatskommission des BRF geboten.

Der Beschluss verdeutlicht schlussendlich die Notwendigkeit sinnvoller, effizienterer Entscheidungsstrukturen. Der erste Schritt dafür muss sein, alle Stakeholder:innen in einem institutionalisierten, gleichberechtigten Rahmen miteinzubeziehen. Notwendige Beratungsgremien müssen Studierende und Referendar:innen, die Vertretungen der Ausbildenden sowie der Berufsgruppen, Justizprüfungsämter sowie Fachgremien der Hochschuldidaktik und -entwicklung zusammenbringen. Kommende Veränderungen der volljuristischen Ausbildung müssen eng miteinander koordiniert und zusammen erarbeitet werden.

„Weitere Verbesserungen“ und Austauschgespräche mit Fachgruppen

Trotz des vermeintlich fehlenden Reformbedarfs beschäftigte sich der Ausschuss zur Koordinierung Juristenausbildung (KOA) [sic!] – das Beratungsgremium der JuMiKo – mit möglichen „weiteren Verbesserungen“ der Ausbildung. Ein vom KOA im Rahmen des Projektes „Juristin und Jurist der Zukunft“ [sic!] verfasster Bericht mit Empfehlungen wurde nun auf der Frühjahrskonferenz der JuMiKo vorgestellt.

Der BRF bedauert, dass die darin enthaltenen Empfehlungen als bloße „Denkanstöße“ seitens Justizminister:innen festgehalten wurden. Der jetzige Beschluss bleibt damit bei reinen Zielsetzungen und Leerformeln; tatsächliche Umsetzungsempfehlungen an die Länder bleiben aus. Zusätzliche „gegebenenfalls erforderliche Veränderungen“ sehen die Justizminister:innen darüber hinaus auch im Bereich der Digitalisierung und der Verwendung von KI – doch auch hier werden keine konkreten Maßnahmen benannt.

Zur weiteren Bearbeitung des Berichts beauftragen die Justizminister:innen den KOA, in Austausch mit Interessensvertretungen über die Empfehlungen des Berichts zu treten. Der BRF begrüßt, dass er neben dem Deutschen Juristen-Fakultätentag e.V. (DFJT) [sic!] als Vertretung der Jurastudierenden als Austauschpartner genannt wird. Der BRF sieht es insbesondere als Aufgabe an, über die Zielsetzungen hinaus konkrete Umsetzungsmöglichkeiten der bisherigen Empfehlungen mitauszuarbeiten.

Als bundesweite Interessenvertretung der Jurastudierenden in Deutschland ist es dem BRF nach wie vor ein großes Anliegen, die Reform der juristischen Ausbildung auch aus Studierendensicht zukunftsfähig zu gestalten und wird sich für die erforderlichen nächsten Schritte einsetzen.