Streichung der Ruhetage?! Nicht mit uns!
#fuereinebesserejuristischeAusbildung
Das Studium der Rechtswissenschaften ist in seinem Verlauf stark geprägt von psychischen und physischen Belastungen. Diese Belastungen steigen mit dem Näherrücken der staatlichen Pflichtfachprüfung. Jene gilt im studienübergreifenden Vergleich als eine der anspruchsvollsten Prüfungen und bildet den Grundstein der beruflichen Zukunft eines/einer jeden Jurist:in. Der bisher angewandte Verlauf der staatlichen Pflichtfachprüfung sieht in der überwiegenden Mehrheit der Bundesländer Ruhetage zwischen den Examensklausuren vor. Diese dienen vor allem der Erholung zwischen den fordernden Klausuren. Nach jüngsten Erkenntnissen sollen jene aber der Vergangenheit angehören und schrittweise bundesweit gestrichen werden. In Baden-Württemberg beispielsweise soll ab der Herbstkampagne 2023 lediglich ein Ruhetag bestehen bleiben, welcher wiederum ab der ersten Examenskampagne 2026 wegfallen soll.
Aktuelle Situation
Die Entscheidung zur Streichung der Ruhetage wurde bereits im Mai 2022 von den Justizprüfungsämtern beschlossen. Die Begründung der Streichung fällt in den jeweiligen Bundesländern jedoch unterschiedlich und unzureichend aus. So wird in Schleswig-Holstein der Wegfall anhand von finanziellen Erwägungen gerechtfertigt, während in Baden-Württemberg die Umstellung auf das E-Examen angeführt wird. In der Berichterstattung der digitalen Zeitschrift Jurios nennen die zur Stellungnahme aufgeforderten Justizprüfungsämter schließlich den so genannten “Ringtausch” als weitere Begründung. Die Widersprüchlichkeit der verschiedenen Begründungen zeigt aus unserer Sicht einmal mehr, wie vermeintliche Gründe der Organisation vorgeschoben werden, um die Unwilligkeit zu verschleiern, in die juristische Ausbildung wirklich finanziell zu investieren. Es ist gut und richtig, dass nun fast alle Bundesländer das E-Examen angehen. Doch dürfen damit verbundene und jedwede anderen finanziellen Defizite nicht zu Lasten der Examenskandidat:innen gehen. Weiterhin überzeugt es nicht, dass die jeweiligen Prüfungsämter der Länder auf einen wechselseitigen Druck verweisen, die Prüfungszeiträume zu vereinheitlichen. Diese Argumentationen verlaufen strukturell im Sande.
Stellungnahme des BRF
Wir halten die Streichung der Ruhetage im Examen für einen großen Schritt in die falsche Richtung, indem statt sich ernsthaft mit konstruktiven Lösungen zu einer wirklichen Reform des Jurastudiums auseinanderzusetzen, wieder neue Probleme geschaffen werden. Dass dadurch die Attraktivität der juristischen Ausbildung nur noch weiter leidet, ist offenbar. Und diese ist notwendiger denn je, da aktuell bundesweit mehr als 1000 Richter:innen und Staatsanwält:innen fehlen. So hängt von der Beseitigung des Nachwuchsmangel und nichts weniger als die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats hängt davon ab.
Eine Reduzierung von Ruhetagen in der Examenskampagne schafft hierbei keine Abhilfe, sondern intensiviert die bereits präsenten Herausforderungen. Der hohe psychische Druck, welcher eine der Hauptgründe für die fehlende Attraktivität des Jurastudiums ist, wird in der relevanten Examenszeit weiter erhöht. Denn den Studierenden wird wichtige Regenerationszeit genommen, derer es bedarf, um unter humanen Prüfungsbedingungen den schriftlichen Teil der staatlichen Pflichtfachprüfung zu absolvieren.
Besonders ernüchternd ist es, dass diese Entscheidung bereits im Mai 2022 getroffen wurde ohne jedwede studentischen Interessensvertretungen – zumindest beratend – miteinzubeziehen. Dass eine solche Entscheidung unter Ausschluss derjenigen Gruppe getroffen wurde, die davon am meisten betroffen ist, zerstört das Vertrauen der Studierenden in die Prüfungsämter und die dortigen Entscheidungsträger:innen. So zeigt der Beschluss der Justizprüfungsämter erneut exemplarisch die Organisation der juristischen Ausbildung, indem abseits jeglicher studentischen Belange oder Perspektiven gehandelt wird.
Unsere Forderungen
Aus diesen Gründen fordert der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. als Vertretung der über 110.000 Jurastudierenden in Deutschland:
- Die Rücknahme des Beschlusses aus dem Mai 2022 und die Neubewertung der jeweiligen Prüfungstermine durch die einzelnen (Landes-)Justizprüfungsämter
- Eine Aussprache mit Vertreter:innen des BRF zu diesem Beschluss und seiner Entscheidungsfindung im Koordinierungsausschuss der Justizminister:innenkonferenz
- Eine ernsthafte, selbstkritische und konstruktive Reformdebatte, die die studentische Perspektive gleichberechtigt miteinbezieht und aktuelle Entwicklungen, wie die iur.Reform-Umfrage, berücksichtigt
- Eine umfassende prüfungswissenschaftliche Untersuchung des bisherigen Modells des juristischen Staatsexamens
- Mittelfristig eine umfassende Reform der juristischen Ausbildung in Deutschland und kurzfristig eine Einführung des integrierten LL.B. an allen deutschen juristischen Fakultäten
Petition
Studierende, die sich unseren Forderungen anschließen möchten, können unsere Petition, die an die (Landes-)Justizprüfungsämter gerichtet ist, unter folgendem Link:
Darüber hinaus bitten wir alle auf die Problematik und unsere Petition aufmerksam zu machen. Vorlagen für das Teilen auf Social-Media können unten gedownloadet werden.
Unterstützer:innen
Fachschaften
Landesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften Baden-Württembergs
Landesstudierendenrat Rechtswissenschaft Bayern
Rechtswissenschaftliche Länderfachschaft Berlin-Brandenburg
Landesfachschaft Jura Nordrhein-Westfalen
Fachschaftsinitiative Jura Freie Universität Berlin
Fachschaftsrat Jura Humboldt-Universität Berlin
Fachschaft Jura Universität Bielefeld
Fachschaft Jura Universität Bochum
Fachschaft Jura Universität Bonn
Studierendenvertretung Bucerius Law School
Fachschaft Jura Universität Düsseldorf
Fachschaft Jura Universität Freiburg
Fachschaft Jura Universität Göttingen
Fachschaftsrat Jura Universität Greifswald
Fachschaftsrat Jura Universität Halle-Wittenberg
Fachschaftsrat Rechtswissenschaft Universität Hamburg
Fachschaft Jura Universität Hannover
Fachschaftsrat Jura Heidelberg
Fachschaftsrat Rechtswissenschaft Universität Jena
Fachschaft Jura Universität zu Köln
Fachschaft Jura Universität Mannheim
Fachschaft Jura Universität Münster
Fachschaft Jura Universität Osnabrück
Fachschaft Jura Universität Trier
Unabhängige Liste Fachschaft Jura Tübingen
Freie Fachschaft Jura Tübingen
Personalvertretungen der Referendar:innen
Ausbildungspersonalrat Bremen
Bezirkspersonalrat OLG Düsseldorf
Personalrat der Referendar:innen am Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg
Arbeitsgemeinschaft Referendar:innen am Landgericht Heidelberg
Sprechervorstand OLG-Bezirks Karlsruhe
Ausbildungspersonalrat am Landgericht Karlsruhe
Ausbildungs-Personalrat am Landgericht Mannheim
Arbeitsgemeinschaft Referendar:innen am Landgericht Mosbach
Referendarpersonalrat OLG-Bezirk Oldenburg
Referendarrat Schleswig-Holstein
Sprechervorstand OLG-Bezirk Stuttgart
Personalrat LG Wuppertal
Downloads
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